Montag, 13. Februar 2023

Sommer bei Oma Teil II

 2. Das große Fressen



„Ich wusste nicht, ob die Bahn Verspätung hat, dann hätte ich es warmhalten müssen, aber ich wollte es auf alle Fälle fertig haben, wenn du kommst, denn es ist schon recht spät und du musst hungrig sein, so lange nichts gegessen zu haben. Ja lege deine Sachen hier am Fuß der Treppe ab, du kannst sie nachher hochbringen. Mach dich erst mal kurz frisch und komm dann gleich ins Wohnzimmer. Der Tisch ist fast gedeckt.“ Karsten war völlig verblüfft, dass er selbst kurz vor drei noch ein Mittagessen serviert bekam. So hungrig war er gar nicht. Er hatte heute gefrühstückt und außer den Krapfen auch noch vor der Zugfahrt sich schnell einen Döner reingestopft. Seine Großmutter rückte den Stuhl zurecht, so dass er am Esstisch Platz nehmen konnte. Auf dem Tisch dampfte ein Tablett mit Piroggen, allesamt mit herzhaften Füllungen. Als er das Dutzend gegessen hatte, stellte sich bei Karsten schon ein Gefühl der Fülle und gewisse Sattheit ein. Aber das war erst die Vorspeise! Jetzt kam seine Oma mit einem großen, Karsten würde schätzen, fast pfundschwerem Stück Fleisch, dazu Bratensoße, Kartoffeln, Sauerkraut. „Ich habe für dich Kasslerbraten gemacht. Du magst doch Kassler immer so sehr?“ Karsten nickte. Aber nach einem dreiviertel kapitulierte er. „Ja schmeckt es dir denn nicht, der Kassler?“ „Doch Omi, aber ich kann nicht mehr.“ „Die Kartoffeln kann man das nächste Mal aufwärmen oder Bratkartoffeln machen. Aber willst du denn das Fleisch und das Sauerkraut nicht doch noch essen? Wäre doch schade darum! Magst du kein Kassler mehr?“ „Selbstverständlich!“ Antwortete Karsten hastig im entrüstetem Tonfall. „Ich wusste nicht, dass es noch Mittag gibt und habe während der Fahrt ein paar Krapfen gegessen.“ Das Fleisch aß er dann doch noch wenn auch langsam. Kassler mochte er halt zu gern, aber bei dem Rest musste er passen.

Karsten streckte sich auf dem Sofa aus und hielt sich seinen vollen Bauch, der wie eine Halbkugel in die Luft ragte. Seine Großmutter hatte erbarmen und brachte die Mousse au Chocolat – das Dessert – erst nach einer gewissen Pause. Natürlich hatte seine Oma zur Begrüßung auch Kuchen gebacken, aber Karsten stopfte sich nur nebenher beim Fernsehen das eine oder andere Stück hinein. Selbstverständlich gab es noch ein warmes Abendessen, dass zum Glück nicht ganz so üppig ausfiel wie das Mittagessen. Als Karsten sich abends ins Bett fallen ließ, fühlte er sich schwer. Er meinte, er müsste eigentlich durch den Fußboden brechen und ein Stockwerk tiefer oder im Keller landen. Aber eins musste man der Frau lassen: Kochen konnte sie, und zwar um Längen besser als seine Mutter! 

Als Karsten am nächsten Morgen aufwachte, war die Schwere in seinem Bauch verschwunden. Zu seiner Verwunderung war stattdessen Hunger getreten. Ja er hatte richtig Knast! Als Karsten die Tür öffnete zog von unten ein verführerischer Duft nach oben. Karsten schlüpfte in seine Hose und striff sich ein Sweatshirt über. Unten erwartete seine Großmutter und brutzelte Eierkuchen, die sie auf einen Teller stapelte. Nutella und Marmelade standen zum Bestreichen bereit. Ein reichliches Dutzend Eierkuchen später rieb sich Karsten, zurückgelehnt, selig seinen gut gefüllten Bauch und leckte sich die fettigen Lippen ab. „Hier sind noch zwei.“ „Ich kann nicht mehr Oma. Ich bin pappsatt.“ „Aber du wirst sie doch nicht umkommen lassen?“ Schicksalsergeben stopfte sich Karsten auch noch diese zwei hinein.

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